Song | Der Rattenfänger |
Artist | Hannes Wader |
Album | Der Rebell |
[00:11.322] | Fast jeder weiß was in Hameln geschah, vor tausend und einem Jahr |
[00:15.844] | Wie die Ratten dort hausten, die alles fraßen was nicht aus Eisen war |
[00:20.631] | Zu dieser Zeit kam ich nach langer Fahrt als Spielmann in diese Stadt |
[00:25.276] | Und ich hörte als erstes den Herold schreien, als ich den Markt betrat |
[00:29.954] | Wer mit Gottes Hilfe oder allein die Stadt von den Ratten befreit |
[00:34.249] | Für den lägen ab nun beim Magistrat hundert Taler in Gold bereit |
[00:51.066] | Ich packte mein Bündel, die Flöte und Leier und klopfte ans Rathaustor |
[00:55.739] | Kaum sah man mich schlug man die Tür wieder zu und legte den Riegel vor |
[01:00.203] | Und ich hörte wie man den Herren sagte, es stünde ein Mann vor dem Tor |
[01:05.396] | Zerrissen und stinkend in bunte Lumpen, mit einem Ring im Ohr |
[01:09.334] | Dieser Mann nun ließe den Herren sagen, er käme von weit, weit her |
[01:14.190] | Und er böte der Stadt seine Hilfe, weil er ein Rattenfänger wär |
[01:31.791] | Ich wartete lange, dann rief eine Stimme durch die geschlossene Tür: |
[01:36.105] | "Vernichte die Ratten und du bekommst die versprochenen Taler dafür!" |
[01:40.530] | Und ich ging und blies in der Nacht die Flöte, immer nur einen einzigen Ton |
[01:45.333] | Der so hoch war, dass nur die Ratten ihn hörten, und keine kam davon |
[01:49.392] | Bis hinein in die Weser folgte mir bald die ganze quiekende Brut |
[01:54.316] | Und an Morgen trieben dann hunderttausend Kadaver in der Flut |
[02:10.830] | Als die Hamelner Bürger hörten, was alles geschehen war in der Nacht |
[02:15.233] | Tanzten sie auf den Straßen, nur an mich hat keiner gedacht |
[02:19.533] | Und als ich dann wieder vorm Rathaus stand und forderte meinen Lohn |
[02:24.241] | Schlug man auch diesmal die Tür vor mir zu und erklärte mir voller Hohn |
[02:28.345] | Nur der Teufel könne bei meiner Arbeit im Spiel gewesen sein |
[02:33.391] | Deshalb sei es gerecht ich triebe bei ihm meine hundert Taler ein |
[02:50.150] | Doch ich blieb und wartete Stunde um Stunde bis zum Abend vor jenem Haus |
[02:54.947] | Aber die Ratsherren die drinnen saßen, trauten sich nicht heraus |
[02:59.027] | Als es Nacht war kamen bewaffnete Kerle, ein dutzend oder mehr |
[03:04.128] | Die schlugen mir ihre Spieße ins Kreuz und stießen mich vor sich her |
[03:07.923] | Vor der Stadt hetzten sie ihre Hunde auf mich und die Bestien schonten mich nicht |
[03:12.764] | Sie rissen mich um und pissten mir noch ins blutende Gesicht |
[03:28.946] | Als der Mond schien flickte ich meine Lumpen, wusch meine Wunden im Fluss |
[03:33.601] | Und weinte dabei vor Schwäche und Wut, bis der Schlaf mir die Augen schloss |
[03:37.769] | Doch noch einmal ging ich zurück in die Stadt und hatte dabei einen Plan |
[03:42.510] | Denn es war Sonntag, die Bürger traten eben zum Kirchgang an |
[03:46.809] | Nur die Kinder und die Alten blieben an diesem Morgen allein |
[03:51.617] | Und ich hoffte, die Kinder würden gerechter, als ihre Väter sein |
[04:08.659] | Ich hatte vorher mein zerfleischtes Gesicht mir bunten Farbe bedeckt |
[04:13.346] | Und mein Wams, damit man die Löcher nicht sah, mit Hahnenfedern besteckt |
[04:17.359] | Und ich spielte und sang, bald kamen die Kinder zu mir von überall her |
[04:22.201] | Hörten was ich sang mit Empörung und vergaßen es nie mehr |
[04:26.457] | Und die Kinder beschlossen mir zu helfen und nicht mehr zuzusehen |
[04:31.191] | Wo Unrecht geschieht, sondern immer gemeinsam dagegen anzugehen |
[04:46.877] | Und die Hamelner Kinder hielten ihr Wort und bildeten ein Gericht |
[04:51.382] | Zerrten die Bosheit und die Lügen ihrer Väter ans Licht |
[04:55.395] | Und sie weckten damit in ihren Eltern Betroffenheit und Scham |
[05:00.197] | Und weil er sich schämte, schlug manch ein Vater sein Kind fast krumm und lahm |
[05:04.292] | Doch mit jeder Misshandlung wuchs der Mut der Kinder dieser Stadt |
[05:09.117] | Und die hilflosen Bürger brachten die Sache vor den hohen Rat |
[05:26.441] | Es geschah was heute noch immer geschieht, wo Ruhe mehr gilt als Recht |
[05:30.981] | Denn wo die Herrschenden Ruhe wollen, geht's den Beherrschten schlecht |
[05:35.246] | So beschloss man die Vertreibung einer ganzen Generation |
[05:40.128] | In der Nacht desselben Tages begann die schmutzige Aktion |
[05:44.127] | Gefesselt und geknebelt, von den eigenen Vätern bewacht |
[05:48.724] | Hat man die Kinder von Hameln ganz heimlich aus der Stadt gebracht |
[06:06.237] | Nun war wieder Ruhe in der Stadt Hameln, fast wie in einem Grab |
[06:10.618] | Doch die Niedertracht blühte, die Ratsherren fassten eilig ein Schreiben ab |
[06:14.813] | Das wurde der Stadtchronik beigefügt, mit dem Stempel des Landesherren |
[06:19.430] | Und besagt, dass die Kinder vom Rattenfänger ermordet worden wär'n |
[06:23.524] | Doch die Hamelner Kinder sind nicht tot, zerstreut in alle Welt |
[06:28.277] | Haben auch sie wieder Kinder gezeugt, ihnen diese Geschichte erzählt |
[06:44.507] | Denn auch heute noch setzen sich Menschen für die Rechte Schwächerer ein |
[06:49.192] | Diese Menschen könnten wohl die Erben der Hamelner Kinder sein |
[06:53.633] | Doch noch immer herrscht die Lüge über die Wahrheit in der Welt |
[06:57.977] | Und solange die Gewalt und Angst die Macht in Händen hält |
[07:02.108] | Solange kann ich nicht sterben, nicht ausruhen und nicht fliehen |
[07:07.146] | Sondern muss als Spielmann und Rattenfänger immer weiter ziehen |
[07:14.189] | Denn noch nehmen Menschen Unrecht als Naturgewalt in Kauf |
[07:19.247] | Und ich hetze noch heute die Kinder dagegen immer wieder auf |
[07:26.067] | Und ich hetze noch heute die Kinder dagegen immer wieder auf |
[00:11.322] | Fast jeder wei was in Hameln geschah, vor tausend und einem Jahr |
[00:15.844] | Wie die Ratten dort hausten, die alles fra en was nicht aus Eisen war |
[00:20.631] | Zu dieser Zeit kam ich nach langer Fahrt als Spielmann in diese Stadt |
[00:25.276] | Und ich h rte als erstes den Herold schreien, als ich den Markt betrat |
[00:29.954] | Wer mit Gottes Hilfe oder allein die Stadt von den Ratten befreit |
[00:34.249] | Fü r den l gen ab nun beim Magistrat hundert Taler in Gold bereit |
[00:51.066] | Ich packte mein Bü ndel, die Fl te und Leier und klopfte ans Rathaustor |
[00:55.739] | Kaum sah man mich schlug man die Tü r wieder zu und legte den Riegel vor |
[01:00.203] | Und ich h rte wie man den Herren sagte, es stü nde ein Mann vor dem Tor |
[01:05.396] | Zerrissen und stinkend in bunte Lumpen, mit einem Ring im Ohr |
[01:09.334] | Dieser Mann nun lie e den Herren sagen, er k me von weit, weit her |
[01:14.190] | Und er b te der Stadt seine Hilfe, weil er ein Rattenf nger w r |
[01:31.791] | Ich wartete lange, dann rief eine Stimme durch die geschlossene Tü r: |
[01:36.105] | " Vernichte die Ratten und du bekommst die versprochenen Taler dafü r!" |
[01:40.530] | Und ich ging und blies in der Nacht die Fl te, immer nur einen einzigen Ton |
[01:45.333] | Der so hoch war, dass nur die Ratten ihn h rten, und keine kam davon |
[01:49.392] | Bis hinein in die Weser folgte mir bald die ganze quiekende Brut |
[01:54.316] | Und an Morgen trieben dann hunderttausend Kadaver in der Flut |
[02:10.830] | Als die Hamelner Bü rger h rten, was alles geschehen war in der Nacht |
[02:15.233] | Tanzten sie auf den Stra en, nur an mich hat keiner gedacht |
[02:19.533] | Und als ich dann wieder vorm Rathaus stand und forderte meinen Lohn |
[02:24.241] | Schlug man auch diesmal die Tü r vor mir zu und erkl rte mir voller Hohn |
[02:28.345] | Nur der Teufel k nne bei meiner Arbeit im Spiel gewesen sein |
[02:33.391] | Deshalb sei es gerecht ich triebe bei ihm meine hundert Taler ein |
[02:50.150] | Doch ich blieb und wartete Stunde um Stunde bis zum Abend vor jenem Haus |
[02:54.947] | Aber die Ratsherren die drinnen sa en, trauten sich nicht heraus |
[02:59.027] | Als es Nacht war kamen bewaffnete Kerle, ein dutzend oder mehr |
[03:04.128] | Die schlugen mir ihre Spie e ins Kreuz und stie en mich vor sich her |
[03:07.923] | Vor der Stadt hetzten sie ihre Hunde auf mich und die Bestien schonten mich nicht |
[03:12.764] | Sie rissen mich um und pissten mir noch ins blutende Gesicht |
[03:28.946] | Als der Mond schien flickte ich meine Lumpen, wusch meine Wunden im Fluss |
[03:33.601] | Und weinte dabei vor Schw che und Wut, bis der Schlaf mir die Augen schloss |
[03:37.769] | Doch noch einmal ging ich zurü ck in die Stadt und hatte dabei einen Plan |
[03:42.510] | Denn es war Sonntag, die Bü rger traten eben zum Kirchgang an |
[03:46.809] | Nur die Kinder und die Alten blieben an diesem Morgen allein |
[03:51.617] | Und ich hoffte, die Kinder wü rden gerechter, als ihre V ter sein |
[04:08.659] | Ich hatte vorher mein zerfleischtes Gesicht mir bunten Farbe bedeckt |
[04:13.346] | Und mein Wams, damit man die L cher nicht sah, mit Hahnenfedern besteckt |
[04:17.359] | Und ich spielte und sang, bald kamen die Kinder zu mir von ü berall her |
[04:22.201] | H rten was ich sang mit Emp rung und verga en es nie mehr |
[04:26.457] | Und die Kinder beschlossen mir zu helfen und nicht mehr zuzusehen |
[04:31.191] | Wo Unrecht geschieht, sondern immer gemeinsam dagegen anzugehen |
[04:46.877] | Und die Hamelner Kinder hielten ihr Wort und bildeten ein Gericht |
[04:51.382] | Zerrten die Bosheit und die Lü gen ihrer V ter ans Licht |
[04:55.395] | Und sie weckten damit in ihren Eltern Betroffenheit und Scham |
[05:00.197] | Und weil er sich sch mte, schlug manch ein Vater sein Kind fast krumm und lahm |
[05:04.292] | Doch mit jeder Misshandlung wuchs der Mut der Kinder dieser Stadt |
[05:09.117] | Und die hilflosen Bü rger brachten die Sache vor den hohen Rat |
[05:26.441] | Es geschah was heute noch immer geschieht, wo Ruhe mehr gilt als Recht |
[05:30.981] | Denn wo die Herrschenden Ruhe wollen, geht' s den Beherrschten schlecht |
[05:35.246] | So beschloss man die Vertreibung einer ganzen Generation |
[05:40.128] | In der Nacht desselben Tages begann die schmutzige Aktion |
[05:44.127] | Gefesselt und geknebelt, von den eigenen V tern bewacht |
[05:48.724] | Hat man die Kinder von Hameln ganz heimlich aus der Stadt gebracht |
[06:06.237] | Nun war wieder Ruhe in der Stadt Hameln, fast wie in einem Grab |
[06:10.618] | Doch die Niedertracht blü hte, die Ratsherren fassten eilig ein Schreiben ab |
[06:14.813] | Das wurde der Stadtchronik beigefü gt, mit dem Stempel des Landesherren |
[06:19.430] | Und besagt, dass die Kinder vom Rattenf nger ermordet worden w r' n |
[06:23.524] | Doch die Hamelner Kinder sind nicht tot, zerstreut in alle Welt |
[06:28.277] | Haben auch sie wieder Kinder gezeugt, ihnen diese Geschichte erz hlt |
[06:44.507] | Denn auch heute noch setzen sich Menschen fü r die Rechte Schw cherer ein |
[06:49.192] | Diese Menschen k nnten wohl die Erben der Hamelner Kinder sein |
[06:53.633] | Doch noch immer herrscht die Lü ge ü ber die Wahrheit in der Welt |
[06:57.977] | Und solange die Gewalt und Angst die Macht in H nden h lt |
[07:02.108] | Solange kann ich nicht sterben, nicht ausruhen und nicht fliehen |
[07:07.146] | Sondern muss als Spielmann und Rattenf nger immer weiter ziehen |
[07:14.189] | Denn noch nehmen Menschen Unrecht als Naturgewalt in Kauf |
[07:19.247] | Und ich hetze noch heute die Kinder dagegen immer wieder auf |
[07:26.067] | Und ich hetze noch heute die Kinder dagegen immer wieder auf |